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Defekte Stauklappe verursacht Probleme

Presseartikel aus “Die Glocke” vom 27.März 2021

Redakteur: Gerd Daub-Dieckhoff

Rietberg-Westerwiehe (gdd) – Die idyllisch gelegene Antfängers Mühle in der Rietberger Emsniederung ist ganzjährig das Ziel vieler Naturfreunde zu Fuß und im Fahrradsattel. Seit Januar fallen den Ausflüglern erhebliche Sanierungsarbeiten auf.

Wer von der Brücke des Mühlenkolks aus Richtung Westerwiehe blickt, wird gewahr, dass sämtliche Hecken und Bäume entlang des linken Uferbereichs beseitigt worden sind. Der Mühlenbesitzer sprach über die Problematik mit dieser Zeitung. Zu Jahresbeginn habe er feststellen müssen, dass die elektro-hydraulische Anlage der Stauklappe nicht mehr funktioniert, schildert Klaus Kollenberg. Die eingebaute Steuerung überwacht und regelt den Wasserpegel beziehungsweise das Stauziel automatisch.

Wehr wichtig für Hochwasserschutz

Klaus Kollenberg blickt auf die Stauklappe seiner Wassermühle, Baujahr 1750, die ihm heute zur Stromgewinnung dient. Die Hydraulik (rechts im Bild) ist defekt, die Klappe läßt sich nicht mehr bewegen. Das Wasser der Ems schießt deshalb ungebremst unter Antfängers Mühle hindurch. Foto: Daub

Das Wehr ist nicht nur für die Stromgewinnung in der Mühle von Bedeutung, sondern leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz. Der Rietberger, 80 Jahre alt, Fleischermeister von Beruf und in der Freizeit ein passionierter Jäger, nennt 30 Hektar Land im als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Gelände sein Eigen. Seit vielen Jahrzehnten befindet sich die alte Wassermühle im Familienbesitz, und damit auch das 1938 der Familie erteilte Staurecht. Kollenberg sieht sich bis heute im Rahmen damit gültiger gesetzlicher Auflagen verpflichtet, wirtschaftliche Schäden in seinem Besitzbereich zu vermeiden – und, falls sie auftreten, dafür finanziell aufzukommen. Zurzeit strömt die Ems im Nahbereich, also oberhalb der Mühle, infolge der defekten Stauklappe im Kolk ungestaut und somit uneingeschränkt weiter in Richtung Rietberg. Der Wasserstand ist stark gesunken, die bisher betriebene Stromgewinnung geschwunden.

Dabei offenbarte sich dem Eigentümer ein zweites Problem: Auf einer Länge von ungefähr 200 Metern entdeckte Kollenberg zahlreiche Durchbrüche in dem 80 bis 100 Jahre alten Uferdammbereich. Diese hatten schon zurückliegend, als die Stauklappe ebenfalls ausgefallen war, dazu geführt, dass das umliegende, verpachtete Weideland von Überflutungen arg betroffen war. „Solche Durchbrüche verursachten in der Vergangenheit, dass Wiesen unter Wasser standen. Eine Weidewirtschaft war kaum mehr möglich“, berichtet Kollenberg. Er habe deshalb zur Schadensbegrenzung gleich zu Jahresbeginn 2021 umgehend gehandelt und zunächst das über Jahrzehnte hinweg im Dammbereich verwurzelte Buschwerk – überwiegend Weiden – beseitigt. In der Nähe ist so ein großer Reisighaufen entstanden. Die Sandaufschüttungen, die parallel zur Flussführung unübersehbar sind, zeugen überdies davon, dass eine umfangreiche Maßnahme angelaufen ist. Das Ziel: Das Areal soll wieder nutzbar gemacht und die Ufer sollen durch die Anlage eines wesentlich höheren Damms besser als bisher geschützt werden.

Baustelle muss Brutzeit abwarten

„Wegen der Brutzeit der Vögel – hier gibt es auch Habitate des Großen Brachvogels – ist unsere Baustelle längerfristig durch die Behörden stillgelegt worden. Wir können aber ab 1. August wie bisher weitermachen“, informiert Klaus Kollenberg. Er verweist auf die Bezirksregierung Detmold, die mit ihm die Maßnahmen im Einvernehmen geregelt habe. „Da heißt es unmissverständlich: Gewässerschutz geht über Naturschutz.“ Dies sehe auch die Biologische Station Gütersloh/Bielefeld ein. Damit weist er zugleich die Kritik von anderen Naturschützern in die Schranken, er habe im Alleingang im Zuge seiner Flussufer-Aufräumarbeiten auch acht stattliche, bereits rund 40 Jahre alte Kopfweiden beseitigt.

Durchbrüche am Ufer

Vor drei Jahren habe er festgestellt, dass Mühlengebäude und Mühlenbrücke unterspült waren. Dazu sei ein heftiges Gewitter gekommen, Wassermassen aus Teutoburger Wald und Eggegebirge seien in die Ems geschossen. „Da sind damals schon Durchbrüche der Ufer entstanden, und die Wiesen gerieten unter Wasser. Ich habe deshalb eine teure Sanierung durchführen müssen.“ Durch die Bezirksregierung sei er verpflichtet worden, für die Stauerhaltung in seinem Bereich zu sorgen, und dies auf eigene Kosten. Dazu sei er bereit. „Es gibt ansonsten keine Fördermittel“, betont der Rietberger.

Treppe soll Fischen Weg erleichtern

Nach Ansicht der Gewässerschutzbehörden beim Kreis Gütersloh ist dem Vernehmen nach mit der Dammerneuerung auf 200 Metern Länge im Emsoberlauf die Situation noch nicht optimiert. „Eine Fischtreppe soll entstehen, um die Fischwanderung anzukurbeln“, erklärt Klaus Kollenberg. Dieses Problem betreffe auch den Nachbarn, den flussabwärts verantwortlichen Staurechtinhaber zwischen Birkendamm und Schlosswällen, nämlich Tenge-Rietberg. Dieser sei ebenfalls zum Bau einer Anlage verpflichtet, und er sei sich deshalb mit Tenge-Rietberg einig. Gemeinsam habe man Gespräche mit Wasserbaufachleuten aufgenommen. Kollenberg: „Im weiteren Umkreis gibt es mehrere Fischtreppen, etwa an dem Wehr im Steinhorster Becken und im Nordtorbereich in Rietberg. Doch keine von ihnen funktioniert überzeugend gut.“ Dass er auch in Zukunft mit erheblichen Kosten rechnen muss, weiß Kollenberg. Er könnte zwar auf das Staurecht verzichten, doch das will er nicht. „Es hat immer schon zum Betrieb gehört. Das will man nicht ohne Weiteres abgeben“, sagt er.

Trauer um verlorene Kopfweiden

Herbert Wolf blickt wehmütig auf den Berg von Holzresten und abgehacktem Buschwerk. „Das waren einmal meine Kinder: acht prächtige Kopfweiden. Ich habe sie eigenhändig vor 40 Jahren hier gepflanzt“, sagt der Umweltschützer aus Steinhorst. Er steht in Sichtweite von Antfängers Mühle. Wolf hat schon viele junge Kopfweiden gesetzt. Vor vier Dekaden hat er damit begonnen – schon damals sollen es weit über 1000 Schößlinge gewesen sein. Die acht Bäume an der Mühle gehörten dazu. Er war damals Hauptakteur einer Gemeinschaft für Naturschutz in Ostwestfalen. Mit Zivildienstleistenden sowie weiteren Helfern seien damals die Pflegeeinsätze vor allem im Grenzbereich zwischen den Kreisen Paderborn und Gütersloh, und damit auch auf Westerwieher Gemarkung, durchgeführt worden. Später hat Herbert Wolf einige Zeit die Biologische Station Paderborn geleitet und so in größerem Stil Fauna und Flora observiert. Seinerzeit hätten die Bauern das Angebot im Rahmen der Flurbereinigung, die neuen Kopfweiden künftig kostenlos pflegen zu lassen, angenommen.

Wolf hätte sich Umpflanzung gewünscht

Was ihn im Fall Antfängers Mühle wurmt ist, dass dort keine Umpflanzung stattgefunden hat. „Mit einem Bagger wäre dies ein Leichtes gewesen“, ist er überzeugt. Grundstücksbesitzer Klaus Kollenberg hält dagegen: „Auf dem Dammbereich der Ems darf weder ein Busch noch ein Baum wachsen. Schon vor 40 Jahren ist da ein Fehler gemacht worden.“ Herbert Wolf arbeitet inzwischen ehrenamtlich für die Bielefelder Stiftung Pro Artenvielfalt, kümmert sich um Vögel, vor allem um Käuze, die in Kopfweiden nisten (diese Zeitung berichtete). Der 83-Jährige hält es nach wie vor für seine Ehrenamtspflicht, die Region abzufahren – auch, „um zu sehen, dass die Bestandserhaltung der Landschaft mit ihren Bäumen und Kleingewässern von den Landwirten nicht vernachlässigt wird. Schließlich bekommen sie dafür Gelder, nämlich EU-Prämien.“

Impressionen: Antfängers Mühle 27.März 2021 Fotos: Schneiders

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